Ankommen im Ort in der Ferne


Wow… - was kann ich sagen?
Gestern war dann also der Tag der Tage. Der endgültige Umzug in den Ort in der Ferne.

Morgens um 10 Uhr habe ich den Schlüssel zum Studentenwohnheim der Hausverwaltung in den Briefkasten geschmissen. Es war kein schwerer Abschied von dieser Wohnung. Zwar sah sie soweit okay aus, nachdem ich drei Tage geschrubbt hatte. Dennoch sind die Erinnerungen – so sehr es damals auch eine Befreiung war, endlich in der Nähe der Uni wohnen zu können – keine Guten. Ich habe dort beinahe ausschließlich für das Examen gelernt.

Rund vier Stunden Autofahrt später fahren wir in die Stadt, die die neue, alte Heimat ist.
Zeitgleich mit der Maklerin kommen wir bei der Wohnung an und wenig später bin ich um elf (!) Schlüssel reicher. Lautlos gratuliere ich mir zu der Idee, in der Klinik ein Schlüsselkörbchen gebastelt zu haben. 

Beachtet nicht die dreckige Scheibe... 🙈
Wie ich diese Landschaft liebe... 🌳


Die Nachbarn stellen sich als sehr nett heraus. Die Dame, die nebenan wohnt erklärt mir gleich, dass sie das Bett, das sie mir schenken möchte, in den Keller gestellt hat. Dass hier eine Ärztin einzieht, scheint sich auch schon herum gesprochen zu haben. „Es ist ja immer gut, einen Arzt in der Nachbarschaft zu haben“, erklärt mein Vater. Kopf à Tischplatte. Ich wollte hier keine private Praxis aufmachen. Nicht, weil ich nicht helfen möchte, sondern weil ich erstmal Erfahrung sammeln muss. Und für die Meisten – auch für meinen Vater – ist Arzt ja gleich Arzt. Egal, ob Schnupfen, Schleimbeutelentzündung, Bandscheibenvorfall, Niereninsuffizienz – die Liste ließe sich beliebig fortführen – auf jede Frage wird eine Antwort erwartet.

Mein Vater beschließt, dass ich ihn für das Fahren der Kisten ja eigentlich zum Essen einladen könnte. Also finden wir uns wenig später in einer Pizzeria auf dem Marktplatz wieder. Und ich… - ich warte auf Gefühle. Auf irgendetwas. Aber es bleibt still. Ganz still.
Da war es ja im Juni noch besser. Da bin ich – beim Kaffee auf dem Marktplatz – schon ein bisschen emotional geworden.

Mein Vater hält mir wieder ein paar seiner Vorträge und irgendwann kommt dann der Knaller: „Also Mondkind – Du hast ja schon Glück gehabt…“ „Wieso?“, frage ich. „Naja… - erst findest Du quasi ohne Suchen in der Studienstadt eine Wohnung unweit der Uni und hier hast Du ja auch nicht richtig gesucht – das kann man ja nicht richtig werten. Und bist dann in so einer Wohnung gelandet.“
Danke Papa, wirklich. Ich möchte nicht abstreiten, dass ich Glück damit hatte nach einer verhältnismäßig kurzen Suche, so eine Wohnung zu finden. Aber wenn man bedenkt, dass ich zwei Tage vor der Klinik noch irgendwoher die Kraft genommen habe, durch halb Deutschland zu gurken und dann den ganzen Rest von der Klinik aus neben dem Therapiealltag organisieren musste, hängt das auch viel mit Willen und Durchhaltevermögen zusammen. Ich verstehe nicht, warum man nicht ein Mal würdigen kann, was ich hier mache. Warum die Messlatte immer höher gehängt werden muss als das, was für mich erreichbar ist.

Später am Abend tigere ich stundenlang die Wohnung auf und ab, während ich mit einer Freundin telefoniere. Ich komme nicht zur Ruhe. Kaum sitze ich zwei Minuten, muss ich wieder hoch hüpfen. Das sei Aufregung, sagt die Freundin.

Langsam macht es mir schon ein bisschen zu schaffen, dass bei mir beinahe absolut nichts ankommt. Natürlich schützt mich das vor all den negativen Gefühlen und Ängsten, die da unterbewusst sicher sind – außer in den wenigen Momenten, in denen es mich doch überrollt. Aber es enthält mir eben auch die positiven Emotionen vor, die sich ruhig mal einstellen dürften, wenn ich gerade dabei bin, einen lang gehegten Traum umzusetzen.
Aber wir wollen mal nicht ungeduldig sein. Ich gebe mir mal noch ein paar Tage.

Ich versuche Euch in den nächsten Tagen mal auf dem Laufenden zu halten. Heute kommt noch meine Schwester, Montag gehen wir (hoffentlich) ein paar Möbel kaufen, Dienstag besuche ich die Neuro. Es bleibt spannend. Ich hoffe allerdings, dass das Internet bald besser mitmacht. („Schalten Sie die wlan – Box einfach an, die Registrierung läuft automatisch“. Ist klar, gell…?  )  Aktuell funktioniert nur der Surfstick in der äußersten Ecke des Wintergartens.

Mondkind

P.S. Bilder kommen dann auch, wenn ich wieder wlan habe...

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