Ideen zum Thema Bewertungen


Wintergarten…
(Wintergarten… ???? Ich spüre schon fast, wie die Leser gedanklich über dieses Wort stolpern. In der Realität endet das dann häufig mit der ungläubigen Frage: Wie Mondkind, Du hast einen Wintergarten??? Wie kommst Du denn zu so einer Wohnung…???)

Also. Wintergarten.
Mit Therapeuten – Tee für die inneren Kiddies. Und chemischen Hilfsmitteln fürs restliche Hirn.
Damit wir uns jetzt alle mal langsam beruhigen.
Tränen. Viel zu viele Tränen am heutigen Tage. Nachdem das Schwesterchen aufgebrochen ist. Und die aufgestaute Verzweiflung der letzten Tage, die nun wieder gelebt werden darf, sich ihren Weg sucht.

Und da steht die Mondkind nun. Auf dem Wintergarten in ihrer hübschen Wohnung im Herzen dieses Dorfes. Mit Blick auf den schmalen Fluss vor ihrem Fenster. Verkehrslärm von der nahe gelegenen Hauptstraße mischt sich mit der Musik von einem Haus schräg gegenüber, in dem die Jugend am offenen Fenster sitzt.
„Mondkind, was um alles in der Welt ist Dein Problem…?“, frage ich mich in solchen Momenten. Du hast eine Wohnung, einen Job und ein ganzes Leben vor Dir.
Und dann weint die Mondkind noch ein bisschen mehr. 




***
Schnipsel
Ideen, Einschätzungen, Vorschläge. Die langsam nur noch verwirren. 

„Aus der Probezeit sind Sie doch jetzt raus. So einfach kann man Sie nicht kündigen. Und schon gar nicht, wenn Sie krank sind. Wie stellen Sie sich das denn vor?“
Und von anderer Seite…
„Also Frau Mondkind, ich habe jetzt auch nicht die rosa – rote Brille auf. Das kann schon passieren, dass Sie ihren Job verlieren. Wegen Krankheit kündigen kann man Sie nicht, aber einen Grund finden, kann man schon…“

Die neueste Idee ist es ja, zumindest das Neuro – Jahr noch voll zu machen. Aber was fällt mir dann wieder ein, warum es gerade akut nicht geht mit der Klinik…? Und das sind auch noch 3,5 Monate. Wie soll das gehen in dem Zustand? Wenn es nicht besser wird?

Es falle nichts über mich her oder breche über mich herein, das ich mir nicht selbst ausgesucht habe, stellt man fest. „Und Du Dir dennoch immer die Opferrolle aussuchst“, fügt man an.
Schwieriges Statement. Ist das so… ? Ich habe ehrlich gesagt schon das Gefühl, dass viel über mich herein gebrochen ist, das ich mir nicht ausgesucht habe. Und ich in der Folge viele Entscheidungen getroffen habe nur aus der Intention heraus, die emotionalen Löcher ein bisschen zu stopfen.
Aber das mit der Opferrolle. Ja, suche ich mir tatsächlich die Opferrolle aus… ? Und fast mehr als das Urteil, das da über mich gefällt wird beschäftigt mich die Frage, ob nicht am Ende immer alles Ansichtssache ist. Und ich mit meiner negativen Grundhaltung mir selbst gegenüber natürlich immer die negative Auslegung aussuche.
Natürlich kann man mich als das Opfer von was auch immer betrachten, wenn ich jetzt schon wieder in die Klinik muss. Im Umkehrschluss wäre meine Schwester mit ihrer Anorexie dann kein Opfer, weil sie ja keine medizinische Hilfe braucht (zumindest nach ihrer Auffassung). Man kann den Spieß aber auch umdrehen. Und sagen, dass es sehr mutig ist jetzt nochmal in die Klinik zu gehen, sich nochmal der Krankheit zu stellen und nochmal versuchen sie so weit zurück zu drängen, dass ein halbwegs normales Leben möglich ist. Das nicht nur funktioniert, sondern tatsächlich wenigstens ein bisschen was mit Leben zu tun hat.

Am Ende kann das jeder beurteilen und bewerten, wie er will. Vielleicht auch aus seinem persönlichen Bauchgefühl heraus und sich eine Begründung so zurecht legen, dass sie passt. Egal was man macht – mit der richtigen Begründung können verschiedene Bewertungen richtig erscheinen.
Vermutlich wollte mein Gegenüber eine solche Diskussion gar nicht auslösen, aber das ist mir beim Nachdenken über diese Worte in den Sinn gekommen.

***
Und dann sitzt man manchmal hier… „Die Nummer der Station haben Sie?“, fragte der Herr Therapeut. „Sie ist sogar in meinem Handy eingespeichert…“, lag mir auf der Zunge. Gesagt habe ich es aber nicht und stattdessen nur genickt.
Man dreht das Handy. Sieht die Nummer auf dem Display aufleuchten. Überlegt lange. Dreht das Handy noch ein paar Mal. „Mondkind, Du landest unter der Brücke…“, ermahnt es.
Man schaltet das Handy wieder aus und legt es neben sich.

Was nützt all das funktionierende Außen, wenn es im Herzen so weh tut…?
„Selbst mir fällt das schwer Ihnen zu glauben, was Sie mir da erzählen“, erklärte der Herr Seelsorger letztens. „Und ich kenne Sie schon eine Weile. Aber Sie haben immer ein Lächeln auf dem Gesicht und wirbeln hier immer durch den Raum. Ich kann das nachvollziehen, dass Ihnen keiner das Leid abnimmt…“
„Was soll ich denn machen?“, frage ich ganz leise. „Die Gedanken an das Sterben und das Nichtwissen, warum ich morgens aufstehe kenne ich, seitdem ich ein Kind bin. Ich wäre heute nicht hier, hätte ich das Innen vom Außen nicht entkoppelt. Es ging doch nur so.“

***
Mal so am Rand… - ganz viel Schweinchen – Vermissen. 

Er hat geschlafen... - auf meinem Arm... 😀🐷



Mondkind

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