A year ago today...
Im Moment lese ich ziemlich oft in „heute vor einem Jahr“ …
Der Eintrag spiegelt eigentlich echt gut den Klinikalltag wieder –
also wen es interessiert… Ich glaube, veröffentlicht habe ich ihn nie, weil ich
ja damals so selten Internet hatte…
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16. Mai 2017
Heute war alles irgendwie wirklich gedrängelt. Ich war
heute morgen noch beim EKG und kam dann zu spät zur Depressionsgruppe. Es ging
gerade darum, was wir uns morgens Gutes tun können und ich erwähnte, dass ich
morgens bevor ich aufstehe, immer ein Liedchen höre. Andere sprachen von
Zigarette und Kaffee oder von Duschen.
Dann ging es um Leitsätze. Um mit meinem „Du darfst nicht
krank sein“ und „Du bist nur ein wertvoller Mensch, wenn Du produktiv bist“ keine
Grundsatzdiskussionen vom Zaun zu brechen, hielt ich einfach mal bewusst die
Klappe.
Danach war sofort Genussgruppe.
Wir sollten diesmal etwas zum Anschauen mitbringen und ich
entschied mich für ein Bild aus dem Nationalpark in Holland und berichtete,
dass das so der letzte Moment war, in dem ich Ruhe in mir selbst gefühlt habe,
als wir abends dort waren.
Der Gruppenleiter hatte wieder irgendwelche Düfte
mitgebracht, an denen wir riechen mussten und dann war wieder der ganze Raum
eingeräuchert – ich weiß ehrlich gesagt nicht, wie man davon keine
Kopfschmerzen bekommen kann. Anschließend spielten wir Memory mit Ü – Eiern, in
die Dinge gepackt wurden, die ein bestimmtes Geräusch erzeugten.
Aber ich glaube, irgendetwas bewegt das schon in mir, wenn
die Sinne so ganz gezielt angetriggert werden. Irgendetwas ist da glaube ich.
Ich fühle es nur nicht. Mein Körper nimmt da etwas wahr, das aber nicht bis ins
Hirn durchdringt. Muss man nicht verstehen…
Und danach war nochmal Gesprächsrunde.
Es ging darum, wie man Kritik annimmt und Kritik verteilt
und danach stellte noch eine Gruppe ihre Arbeit vor, in der sie zusammen
getragen hatten, wie man Menschen kennen lernt.
Und dann war schon Mittag.
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Heute in der Musiktherapie. Als es laut wurde, als neben
mir mit Energie auf die Trommeln geschlagen wurde, habe ich gespürt, wie sich
mein Herz bewegt. Ein bisschen wie damals – ein bisschen wie im Ronan – Keating
– Konzert, als sich mein Herzschlag den Bässen angepasst hat.
Wir sollten hinterher wieder etwas dazu sagen und ich habe
erklärt, dass ich das Gefühl habe, dass das emotional alles bei mir überhaupt
nicht ankommt. Dass da irgendwie eine emotionale Wand zwischen mir und der Welt
ist. Dass ich mich beim Spielen nicht an Emotionen, sondern ausschließlich an
den Anderen orientiere.
Dass nur dann etwas ankommt und mein Herz bewegt, wenn es
so laut wird und da so viel Energie drin steckt, dass mein Körper es nicht mehr
schafft, davon nicht bewegt zu werden. Aber so wirklich ein Gefühl kommt da
auch nicht bei rum.
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Zum Abschluss des Tages bin ich noch bei beim Stationsarzt
und der PJlerin hinein gehüpft.
Ich kam mir etwas dämlich vor, den Tagebucheintrag vom
Montag vorzulesen, aber habe es doch gemacht. Ich kann eben besser schreiben,
als reden. Hinterher meinten sie, dass sie es traurig finden, dass sie es aber
auch nachvollziehen können. Und – dass sie mir nicht helfen können. Ich soll
den Text nochmal dem Psychologen zeigen und vielleicht hat er noch eine Idee.
Es ist einfach scheiße, wenn da zwei Leute sitzen und
sagen, dass sie am Ende doch nicht helfen können und dass ihnen nichts anderes
einfällt, als dass ich es immer weiter versuchen soll Dinge zu machen, die Spaß
machen. Alternativen zur Uni zu finden.
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