Sommer in der Stadt


Ein anstrengender Tag liegt hinter Mondkind.
Heute Morgen hat sie zuerst Umzugskartons aus den Katakomben der Anatomie organisiert und dann war sie mit ihrer Schwester Farbduplex – Sonographie üben. Das ist eine Fertigkeit, die in der Klinik sehr gefragt ist, aber nur von wenigen beherrscht wird. Insofern kann man ziemlich gut punkten, wenn man als PJlerin zumindest eine grobe Idee davon hat, wie man das macht.
Eigentlich ist es für die großen Arterien gar nicht so schwierig. Man darf nur keinen Schritt vergessen und sogar eine ungenaue Einstellung kann das Ergebnis völlig verfälschen. Bei den Nierenarterien wird es dann aber schon komplizierter.

Im Anschluss sind ihre Schwester und Mondkind zum Institut der Allgemeinmedizin gefahren und haben dort eine Bescheinigung für Mondkinds Schwester abgeholt. Dazu mussten sie genau entgegengesetzt der Richtung fahren, in die sie im Anschluss wieder wollten, um in der Innenstadt ihre Schwester mit weißen Klamotten für die Allgemeinarzt – Praxis auszustatten.

Mondkind hat an der Bahnstation dann festgestellt, dass die Bahn erst in 15 Minuten fährt. Das war ihr zu viel Warterei und im Kopf ist sie schnell Alternativen durchgegangen. Zwar mussten sie ein Mal umsteigen, aber waren wesentlich schneller am Ziel. Ihre Schwester ist ihr nur ein wenig verwirrt hinterher gelaufen und wusste gar nicht mehr, wo sie eigentlich war.

Nachdem die kleine Shopping – Tour erfolgreich erledigt war, wollten die beiden noch ein Eis essen gehen. Bei fast 30 Grad das einzige Sinnvolle, das man in der Stadt noch tun kann. „Aber hier mitten in der Innenstadt ist doof, oder?“, fragte Mondkind. „Wo willst Du denn jetzt sonst hin?“, fragte Mondkinds Schwester. „Nach vorne, an den Fluss“, entgegnete Mondkind. „Und wie kommen wir dahin?“, fragte ihre Schwester. „Das ist ganz einfach“, erläuterte Mondkind, „wir fahren mit der Bahn eine Station zurück und laufen dann einmal quer durch die Altstadt.“ „Na wenn Du das sagst“, entgegnete Mondkinds Schwester.

Vor einem Jahr hätte Mondkind auch noch nicht gewusst, wie man von der Einkaufsmeile zum Fluss kommt. Lange Zeit hat auch sie sich in den verwinkelten Gassen der Altstadt verirrt und ist drei Mal ums Cache gelaufen, ehe sie aus Zufall endlich auf den Fluss stieß.
Aber Mondkind hat die Stadt kennen gelernt. Sie weiß grob, mit welcher Bahn man wohin kommt, sie kennt mittlerweile einige Stadtteile und sie liebt den Fluss. Den Fluss, an dem sie vorher in fünf Jahren Studium exakt drei Mal gewesen ist.

Klar – Mondkinds Schwester lebt hier nicht. Sie kennt nur Ausschnitte der Stadt und findet sich nicht zurecht. Ist eine Touristin in ihrer eigenen Studienstadt.
Das macht Mondkind heute nochmal bewusst, wie sehr ihr dieser Ort über die Zeit vertraut geworden ist. Wie viel sie hier an den verschiedensten Ecken mit so vielen Menschen erlebt hat. Und dass es im letzten Jahr wahrscheinlich tatsächlich Situationen und Erfahrungen gegeben hat, die für immer bleiben.

Mondkind hat so lange nicht realisiert, wie schön es hier ist...
 
Und ein wenig schmerzt es sie, dass sie – kaum, dass sie hier angekommen ist – die Stadt wieder hinter sich lassen muss.
Den Fluss wird sie auf jeden Fall vermissen.
Sie hofft, dass es wirklich klappt, dass sie ab und an für ein Wochenende hier hoch fahren kann, um zumindest ein bisschen was vom Sommer in der Stadt mitzubekommen.Sie hätte es ja nie für möglich gehalten - aber langsam merkt sie, dass auch eine Mondkind mal irgendwann ankommt.

Mondkind

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Drittes Staatsexamen - ein Erfahrungsbericht

Reise - Tagebuch #2

Von einem Gespräch mit dem Kardiochirurgen