Tag 99 / 116 It's every little thing...
Es sind diese vielen kleinen Dinge, die man aufhört zu sehen, wenn das
Hirn nur noch auf Destruktivität gepolt ist.
Wenn der Teil der weiß, dass es keinen anderen vertretbaren Weg gibt,
als weiter dieses Studium durchzuziehen, jeden Tag ein bisschen stärker und
entschlossener wird - und der Teil, der all das nicht möchte, weil wir uns
selbst schon viel zu oft übergangen haben, auch.
Und wenn diese Gegensätze in einer einzigen Person in so viel Druck
und Verzweiflung münden, dass man sich nur für den Fall der Fälle und nur damit
es jederzeit möglich ist, alles zurecht gelegt hat, um gehen zu können.
Und wenn man das in der Ambulanz nicht sagen kann, weil es dann so
ziemlich ausgeschlossen ist, dass sie mich das Examen schreiben lassen. Es ist
falsch, aber es geht nicht anders. Ich habe die Grenzen ausgelotet und das
würde sie nicht mittragen.
Und wenn dann jemand kommt und diesen Druck und die Verzweiflung nur
ein bisschen mildert, Platz macht für Dinge, die man gar nicht mehr gesehen
hat, dann verlaufen die Tage irgendwie anders. Man bewertet Dinge einfach
anders.
Da ist eine Freundin, die mir gerade als ich ins Bett gehen möchte,
noch eine whatsApp schreibt. Nicht um mir eine gute Nacht zu wünschen, sondern
weil sie erkältet ist, Freund google bemüht hat und dann natürlich das passiert
ist, was bei solchen Dingen immer passiert und sie fürchtet, an einer
Agranulozytose zu leiden. Es dauert eine halbe Stunde, um sie wieder zu beruhigen,
ihr klar zu machen, dass es nur eine Erkältung ist und viele Menschen derzeit
erkältet sind, aber sie ruhig am nächsten Morgen zum Arzt gehen soll. Das
reicht dann aber auch – sie wird in den nächsten 12 Stunden nicht sterben und
keine bleibenden Schäden behalten. Und obwohl das doch ein wenig hysterisch von
ihr war und es schon sehr spät war, ist es doch so eine schöne Sache, Menschen
helfen zu können. Und überhaupt, dass die Menschen mir ihre Sorgen anvertrauen
und dass sie dankbar sind für meinen Rat.
Und da ist dieser ältere Herr, der mir im Supermarkt mit einem
abgepackten Brot entgegen kommt. Er könne nicht mehr so gut sehen und wolle
wissen, bis wann das Brot haltbar sei. Es kostet keine zwei Sekunden ein
Datum vorzulesen, aber ein ehrlich gemeintes „Danke“ und das Wissen – auch wenn
es nur eine winzig kleine Kleinigkeit war – einem Menschen heute an einer Ecke
des Tages die Dinge ein bisschen einfacher gemacht zu haben, ist doch irgendwie
etwas Wundervolles.
Foto aus dem letzten Jahr, das ich auf einem Spaziergang mit meiner Oma gemacht habe... |
Ich glaube, wir beruhigen uns gerade alle miteinander. Es, Ich und Überich. All die verschiedenen Teile in mir, die gegeneinander kämpfen.
Vielleicht gibt es noch Möglichkeiten, wie es mir bis zum PJ ein
bisschen besser gehen kann und ich mich da nicht so durchquälen muss. Und
vielleicht gibt es damit auch eine Möglichkeit mich selbst nicht völlig zu
übergehen. Und vielleicht – wenn ein bisschen Ruhe in mir herrscht – kann ich
das PJ auch ein wenig genießen.
Ich weiß, dass der Plan völlig unausgegoren ist. Aber ich versuche
nicht so viel darüber nachzudenken und stattdessen ein wenig Zuversicht walten
zu lassen.
Heute bin ich mal die Mission Besen kaufen angegangen. Jetzt kann ich
hier zumindest mal wieder durchfegen!
Und müde bin ich. Aber leider noch nicht fertig mit meinem Lernplan.
Bis heute Mittag lag ich wirklich gut in der Zeit. Die letzten beiden Tage
waren lerntechnisch ein wenig anstrengend. Die komplette Endokrinologie und
Nephrologie. Da muss man halt immer so viel nachdenken, welches Hormon jetzt
gerade was macht – dann ist es eigentlich gar nicht so viel zu lernen, aber
gedanklich muss man eben hundert prozentig bei der Sache sein. Genau dasselbe
gilt für die Niere. Wenn man die Physiologie verstanden hat, kann man sich den
Rest herleiten…Da ging nur leider mein Hirn heute Nachmittag in die Knie und hat alles durcheinander geschmissen, was mich ein wenig zurück geworfen hat.
Ich glaube Elektrolyt- und Säure – Base – Haushalt werde ich morgen
machen. Blutgasanalysen sind auch immer so eine Sache. Super logisch eigentlich,
aber ich glaube das frustriert mich jetzt nur.
Ich werde stattdessen noch ein paar Notizen zu Altfragen durchgehen.
Und ab morgen ist wieder Wochenende… nicht so meine Lieblingstage
der Woche, aber dennoch wünsche ich allen meinen Lesern einen guten Start in
die beiden letzten der Woche verbleibenden Tage!
Mondkind
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