Psychiatrie # 33 krank


Der geneigte Leser mag sich fragen, wo der Wochenend – Blogpost bleibt.
Der fällt nicht nur deshalb etwas kürzer aus, weil die Oberärztin mich am Freitag ermahnt hat, den Blog bis zur Entlassung etwas ruhen zu lassen und lieber mit dem Team zu kommunizieren. Hätte das immer funktioniert, hätte ich das ja auch zusätzlich gemacht. Da ich allerdings nicht annehme, dass sie die Blogadresse kennt, interessiert mich diese Handlungsanweisung aber auch nicht so wahnsinnig.
Viel entscheidender für wenige Ereignisse am Wochenende ist die Tatsache, dass ich mir eine dicke Erkältung eingefangen habe. Die brauche ich jetzt in der Umzugswoche natürlich unbedingt – nicht.

Meine Schwester war gestern da und hat mir noch ein paar Umzugskartons gebracht. Beim ersten Anblick bin ich schon ein bisschen erschrocken – sie hat schon wieder ein paar Kilos irgendwo gelassen. Nebenbei hat sie mir erläutert, dass sie übernächste Woche eine Hospitation in der Klinik in der Ferne hat. Ich würde ja gern Mäuschen spielen und all die verwirrten Gesichter sehen, die sie mit Sicherheit mit mir verwechseln…
Viele Dinge sind jetzt schon gepackt, aber die Wohnung schaut immer noch aus, wie nach einem Anschlag. Das Bad wird immer schlimmer und in der Küche muss ein Honigglas umgekippt sein – da klebt jedenfalls alles. Ich werde da noch meinen Spaß haben. 

Tipp eines Mitpatienten: Fenchel- und Kamillentee gemischt
Ist wirklich gar nicht so schlecht...


Die Übernachtung habe ich am Wochenende auch mal endlich geschafft. Viel drauf einbilden kann ich mir mit Sicherheit nicht, aber zumindest kann ich mal einen Haken dran machen.
Ich habe das auch mit der Pflege nochmal reflektiert. Das Problem ist glaube ich, dass ich aktuell weiter von mir selbst weg bin, als ich das jemals war. Alle Ereignisse, die hier so in den nächsten Tagen passieren, lassen mich völlig kalt und auch, dass die Zukunft völlig anders aussehen wird als geplant, interessiert mich aktuell nicht. Ich glaube, wenn ich das alles realisieren würde, würde ich hier komplett zusammen klappen. Und das würde für mich kurz vor der Entlassung nicht gut enden.
Dadurch merke ich aber die meisten Dinge erst, wenn sie zu spät sind. Und so hat der Druck gestern Abend wieder enorm zugenommen. Da ich durch die sich anbahnende Erkältung aber schon sehr platt war, hat das mit der abendlichen Dosis des Neuroleptikums ausgereicht, um mich ins Land der Träume zu befördern. Heute Morgen ging es mir dann nicht wesentlich besser und ich bin dann schon in den Morgenstunden wieder hoch zur Klinik gefahren. Da konnte ich gut vors Loch schieben, dass es für den Kreislauf nicht so belastend ist, die Fahrt anzutreten, solange es noch ein wenig kühl ist.

Aber so richtig für das Leben entschieden habe ich mich noch nicht. Mir wurde auch schon vorgeschlagen, die Dinge, die ich zu Hause für ein mögliches Ableben gebunkert habe, abzugeben. Im Moment bin ich aber nicht dafür bereit. Es wird ja meiner Auffassung nach sowieso passieren und ich habe keine Lust, dann neu nachdenken zu müssen oder Methoden wählen zu müssen, die auf den letzten Metern noch unangenehmer als nötig werden.
Und so einfach ist die Entscheidung für das Leben nicht, wenn sie von jeder Faser des Körpers unterstützt werden soll und nicht einfach nur daher gesagt ist.

Morgen ist mein letzter voller Tag hier und meine letzte Einzeltherapiestunde. Die Therapeutin, bei der ich jetzt wieder bin, weil mein Einzeltherapeut im Urlaub ist, ist diejenige, die ich auch die ersten beiden Stunden hatte. Mal sehen, ob man da Veränderungen merkt.

Mondkind

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