Déjà vu #2 - Tagebuch



Das ist im Prinzip kein anderer Inhalt, als der letzte Eintrag. Es ist nur eher mein "Tagebuch - Stil", das habe ich nämlich gerade noch gemacht. Und weil ich es irgendwie gerade ganz gelungen finde, diesen Schreibrausch, wenn die Finger die Tasten auch finden, ohne dass ich die Gedanken zu Ende gedacht habe und  die richtigen Worte aufs Papier (oder eher "zu Bildschirm") finden und es schaffen eine gewisse Stimmung zwischen den Zeilen zu vermitteln dachte ich, ich lasse Euch daran teilhaben.

***

Und dann sitzt Du da mit diesen Zetteln in der Hand, die Du wahrscheinlich das letzte Mal vor vielen Monaten auseinander geklappt hast, als Du mit dem Studienblockkoordinator irgendwie versucht hast, das Semester zu retten.

Du suchst heraus, wie Du diesmal im Rotationsplan eingeteilt bist und dann stellst Du fest, dass es genau dieselbe Schiene ist, wie das letzte Mal.

Du musst den Stundenplan nicht abschreiben, nicht neu verfassen, Du musst einfach nur die Daten ändern, aus dem Frühling einen Herbst machen und dann passt es.

Du siehst die ersten Bleistifthaken hinter den Veranstaltungen, die davon zeugen, dass Du sie absolviert hast, Du siehst diesen Termin dort an den Rand geschrieben – unordentlich und in Eile.

12:00 Uhr Ambulanz

Du erinnerst Dich, wie Du damals eher aus der Vorlesung gegangen bist, um pünktlich zu sein, wie Du Dein Halstuch vergessen hast und es Dir eine Kommilitonin hinterher geschmissen hast und Du Dir gedacht hast: „Ich komme doch gleich wieder – das kann sie mir doch auch gleich geben.“

Wie es so unübersehbar war und Du nicht begriffen hast, dass es Dich trifft, weil Du ja immer alles irgendwie hingekriegt hast und weil die Uni die letzte stehende Säule war.



Und dann sitzt Du hier – viele Wochen später, an einem anderen Ort, über dem immer noch die Leere hängt. Du erinnerst Dich, dass die Therapeutin das letzte Mal über Muster gesprochen hat und dass Du nicht recht wusstest, was gemeint war, bis Du Dich Mittwochabend um 21 Uhr noch im Labor wieder gefunden hast und Du mittlerweile schon seit 11 Stunden mit Doktorarbeit und Zusammenfassung beschäftigt warst.

Und nach einer viel zu kurzen Nacht schlägst Du am Donnerstag die Augen auf, wünscht, dass Dein Hirn nicht so pulsieren würde und dass die Augen doch etwas besser fokussieren könnten.

Du bewegst Dich. Arbeitest, weil es vermeintlich wichtig ist, weil Du keine andere Wahl hast, weil der Sommer wieder so weit weg erscheint, diese wenigen Tage, in denen es ein bisschen leichter war und in denen Du glaubtest, dass Du es doch schaffen kannst.

Weil der einzige Weg Dich selbst und das Leben und die Tage auszuhalten zu sein scheint, immer am Rand der Erschöpfung zu gehen.



Und dann fragst Du Dich, ob es so anders ist, als damals.

Deine Zusammenfassungen, die schon wieder mehr in Abschriften abrutschen. Deine Färbungen, in denen Fehler unterlaufen, wenn der MTA kein Auge drauf hat.

Und irgendwie hast Du noch keine Ahnung, wie Du so das nächste Semester überleben sollst, geschweige denn das Examen, wenn es doch täglich zusammenbricht, dieses Leben und Du.

Auch wenn Du weißt, dass es diesmal nur 8 Wochen sind – 2 verdammte Monate, die zumindest soweit klappen müssen, dass die Klausur geschrieben und bestanden werden kann.



Und ein bisschen… - ja ein bisschen fragst Du Dich auch, ob Du Dich nicht genug angestrengt hast, diese Errungenschaften von der Klinik in den Alltag zu transportieren. Ob Du es eher hättest merken müssen, ob Du irgendetwas gegen die Leere und die Stille in Dir hättest tun müssen, ob Du hättest in den Urlaub fahren müssen, obwohl Du schon fühltest, dass das die nächste Katastrophe wird.

Und irgendwie – ja… fühlst Du Dich fast ein wenig schuldig, dass es immer noch so schleppend, so holprig und so schwierig ist, dass ein „mir geht es gut“ lediglich eine alltägliche Floskel ist und dass ein „Dir sieht man aber auch wirklich gar nichts an – Du siehst immer so fröhlich aus“, Katastrophe und Kompliment zugleich ist, weil Du tatsächlich einfach mal normalen Alltag leben willst.

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