Von Labortag und Ambulanz - nachwirkung



Heute habe ich angefangen mit der neuen Färbung und damit hatte ich zur Abwechslung mal wieder einen halben Labortag.
Nachdem ich die letzte Nacht phänomenale zwei Stunden geschlafen hatte, war es nicht zu übersehen, dass ich ein wenig müde in der Früh im Labor erschien. Unser MTA hat mir daraufhin erstmal einen Kaffee besorgt. Der ist schon ein Schätzchen…
Während ich meine Proben durch die Alkohlreihe zog und dadurch in jedem der acht Töpfchen fünf Minuten Wartezeit hatte, hatten wir eine Menge Zeit. Ursprünglich hatte ich angedacht, nebenbei zusammen zu fassen, aber das war heute Morgen ohnehin nicht drin.
Stattdessen haben wir eine Menge gequatscht und es fällt immer auf, dass ich irgendwelche - seiner Meinung nach wichtigen Programme - noch nicht auf meinem PC habe, was er dann schnell abändert.
Wir haben es heute auch mal geschafft den Studierendenausweis nebenbei einzuscannen, sodass ich jetzt dem Studierendenportal schreiben kann und mir mein Literaturverwaltungsprogramm wieder organisieren kann.
Es löst sich jedes Mal ein kleines bisschen mehr von dem Konglomerat an Kleinigkeiten, wenn ich im Labor bin. „Du musst eben öfter herkommen“, kommentierte der MTA und in gewisser Hinsicht muss ich ihm Recht geben.
Um im Therapeutendeutsch zu sprechen, gibt es keinen besseren Skill, als ins Labor zu fahren.
Es ist wirklich nicht selbstverständlich, dass er sich immer so viel Zeit für mich nimmt, mich fragt, wo er noch helfen kann und das an jeder erdenklichen Stelle an der er irgendetwas machen kann, auch tut.

Morgen kommt der zweite Teil der Färbung und Leute… - ihr wisst nicht wie gespannt ich darauf bin, ob man etwas sieht oder nicht.
Wir haben immer viele Gründe gefunden, warum die Versuche nicht funktioniert haben und hätte ich von Anfang an vernünftige Bedingungen gehabt und nicht aus Kostengründen nur die Sparvariante, wären wir genauso weit wie jetzt, vor zwei Jahren schon gewesen.
Man kann den Versuch nicht mehr optimieren. Wenn wir jetzt nichts sehen, haben wir entweder einen Systemfehler – zum Beispiel was die Zuverlässigkeit des Antikörpers betrifft – oder da sind tatsächlich keine Lymphgefäße in unseren Papillarmuskeln (weil eventuell selbst die frischen Herzen schon zu alt sind). 




Ansonsten…
Der Ambulanztag hat eine Menge los getreten in mir.
Angefangen mit der Frage: „Was hält Sie eigentlich noch hier?“ Die Antwort war – das wird beiden Seiten klar sein – ziemlich dürftig.
Weiter mit der Frage: Warum eigentlich dieses Medizinstudium, wenn ich doch gar nicht weiß, ob dieses Leben für mich Sinn ergibt?
Und letzten Endes: Warum hat mich ein Ausschlag, der zwar nervig war (ist… kaum nehme ich das Medikament wieder, setzt er sich doch durch), mich so aus der Bahn geschmissen?

Ich habe gestern lange darüber nachgedacht und eine Antwort gefunden, die wahrscheinlich schon eine Weile in mir schlummert – sonst würde ich dieses Leben aus diesen ganzen Gegensätzen ja nicht leben. Auf der einen Seite das Studium, in das ich trotz allem meine gesamte Energie investiere und auf der anderen Seite diese ganz dunklen Tage, in denen ich alles in Frage stelle.
Es ergibt Sinn. Wenn ich zulasse anzuerkennen, dass meine Prioritäten sich verschoben haben und nicht mehr denen der Allgemeinheit entsprechen. Ich glaube, deswegen sind wir auch in der Klinik oft aneinander gerasselt. Auf der einen Seite war ich im Prinzip noch zu instabil um zu gehen und auf der anderen Seite konnte ich es nicht anders machen, weil ein weiteres verlorenes Semester mich wahrscheinlich – in meiner Prioritätensetzung – das Leben kosten wird.

Ich habe das alles mal für mich aufgeschrieben. Ich weiß nicht, ob das wirklich tauglich ist, um auf diesem Blog veröffentlicht zu werden. Ich muss erst mal selbst darüber nachdenken, ob ich so richtig dahinter stehe oder ob ich – jetzt wo mir diese Gedankengänge so bewusst sind – vielleicht auch eine andere Sicht auf die Dinge akzeptieren kann.

Ein bisschen fraglich ist, wie ich damit in der Ambulanz umgehe. Wir können nächsten Montag zum xten Mal über das Examen reden. Ich kann auch einfach meinen Text ein wenig einkürzen und ihn mitbringen. Allerdings begebe ich mich da auf sehr, sehr dünnes Eis.

Bei meiner Ärztin würde ich damit sofort in der Klinik landen – bei meiner Therapeutin weiß ich es nicht genau. Und das ist definitiv nicht das Ziel. Das Ziel ist es, die Prioritätensetzung zu erfassen und zu hinterfragen und zu erkennen, warum mich das manchmal zu Gedanken bringt, die anderen Menschen wohl schlicht und ergreifend die Sprache verschlagen.

 Alles Liebe
Mondkind

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