Tag 51 / 116 Immunologie



Der Freitag biegt dann auch mal auf die Zielgerade ein.
Mir fehlt noch die Wiederholung vom Nierenkarzinom und von den Glomerulonephritiden – dazu muss ich mich gleich noch aufraffen.

Kommt mir das eigentlich nur so vor, oder hört man mittlerweile schon wieder ein paar mehr Vögel? Wahrscheinlich ist es Einbildung, es ist ja gerade mal Anfang Februar. Ich hatte in den letzen Tagen so ein wenig das Gefühl, als ich hier in der Früh mit meinem Kaffee saß...

Heute wäre eigentlich Niere III dran gewesen, aber da ging es heute nur ein bisschen um Wasser- und Elektrolythaushalt. Deshalb habe ich heute morgen beschlossen, das Kapitel zu überspringen und stattdessen mit dem nächsten Script anzufangen. Ich hätte heute sonst einen ziemlich ruhigen Tag haben können – ich denke mal, dass man das Script in drei Stunden durch hat oder so.
Da aber nächste Woche eine ganze Menge ansteht, werde ich da noch sehr dankbar sein, wenn ich einen Tag habe, an dem weniger zu lernen ist.
Heute ging es dann also um Immunologie. So langsam habe ich das auch mal verstanden. Ich kann mich noch erinnern – die ersten Vorlesungen dazu hatten wir im sechsten Semester und da waren das alles noch böhmische Dörfer für mich. Aber mit der Zeit lernt man dann doch die ganzen – im wahrsten Sinne des Wortes – Immunkaskaden kennen, die ein Fremdkörper in uns auslöst.

Ich habe mich heute auch mal zähneknirschend um meine Doktorarbeit gekümmert, nachdem ich gestern darauf hingewiesen wurde, dass man meine Unterlagen erwartet. Bisher war ich eben immer als super – vorbildlich bekannt was dieses Projekt anbelangt – das möchte ich jetzt nicht schleifen lassen. Eigentlich wollte ich nächste Woche einen Termin bei der Grafikerin haben, denn mit jeder Woche die jetzt vorüber zieht, rückt das Examen ja auch immer näher. Leider hatte sie erst übernächste Woche einen Termin. Bis dahin muss ich aber auch erstmal ein wenig daran arbeiten… Naja… - wer sonst keinen Stress hat, nicht wahr?  ;)

Ansonsten musste ich heute unsere WG putzen und dabei hat man leider wozu Zeit… - genau, zum Denken…
Im Moment habe ich ja zu dem ganzen Lerntheater auch noch „sozialen Stress“, wie meine Therapeutin das gestern nannte. Das klingt wirklich total nach Luxusproblem, ist es aber eigentlich gar nicht. Es ist eben wirklich unangenehm, wenn man Leute am laufenden Band versetzen muss und so manchmal frage ich mich, was ich mir eigentlich dabei gedacht habe. Es war doch klar, dass es so kommt und nur weil die das in der Klinik für richtig befanden Sozialkontakte zu haben, muss das ja nicht heißen, dass es das für mich auch ist.
Im Moment… vielleicht könnte ich sogar zumindest ab und an die Zeit dafür irgendwoher auftreiben, aber das Ding ist, dass ich mit den Gedanken einfach völlig woanders und viel zu sehr mit mir beschäftigt bin. Derzeit funktionieren ja nicht mal die Essentials richtig. Schlafen klappt seit Wochen nicht, mit dem Essen funktioniert es auch nicht richtig (ich wundere mich schon, dass ich noch nicht aussehe, wie ein Strich in der Landschaft, aber es scheint noch okay zu sein, sonst hätten die in der Ambulanz es vehementer angemerkt). Natürlich kann man das mal ein paar Wochen aushalten, aber irgendwann macht einen das wirklich fertig.
Dazu kommt noch das Problem mit meinen Zähnen und das treibt mich quasi permanent um, auch wenn ich es nicht ständig erwähne. Es geht ihnen halt einfach schlecht und ich weiß wirklich nicht, was da los ist. Es nervt mich einfach so sehr, dass ich nicht in der Lage bin, mich darum selbst zu kümmern.
Das ist einfach die Situation, vor der ich immer am meisten Angst habe und ausgerechnet jetzt vor dem Examen bin ich damit andauernd konfrontiert. Fast alle Sachen bekomme ich alleine hin und in den letzten Jahren musste ich mich so viel allein durchschlagen und hatte zumindest ab und an viel mehr Unterstützung von „Fremden“, als von der eigenen Familie. Das Problem von „fremder“ Unterstützung ist, dass man sich darauf nicht verlassen kann.
Und jetzt bräuchte ich halt jemanden, der mit mir mal den Versicherungskram regelt und dann mit mir dahin geht, weil es alleine angstbedingt nicht geht. Das ist wirklich peinlich Dinge nicht zu schaffen, die eigentlich so einfach sind. Ich habe ja extra zu Hause angerufen und meine Mutter weiß um das Problem, aber statt zumindest neutral zu sein, durfte ich mir ja auch noch einen Vortrag anhören.
Und das ist jeden Tag eine Situation, über die ich auch nicht nachdenken darf. Zum Einen regelt sich das Zahnproblem halt nicht von selbst (obwohl die Schmerzen – meine ich zumindest – wenigstens nicht zunehmen…), zum Anderen macht es mir auch jeden Tag bewusst, dass ich in letzter Instanz komplett auf mich selbst gestellt bin und dass – wenn ich es selbst nicht hinbekomme – es keinen gibt, der mir hilft. 

Und jetzt kommt auch noch dazu, dass das mit der Klinik im PJ nicht funktionieren wird. Ich habe das mal recherchiert und wenn es ums erste Tertial geht, werden die vom LPA wohl sagen, dass ich einfach später anfangen soll, weil die Prüfung sich dann ohnehin um ein halbes Jahr verschiebt und damit kann ich mich überhaupt gar nicht anfreunden.
Es bleibt also nur die Möglichkeit die Klinik in die vier Wochen zwischen Examen und PJ zu stopfen. Ich fürchte, das werden die dort nicht mitmachen, aber es wäre zumindest einen Versuch wert das anzuleiern. Für mich ist es halt das Einzige, das jetzt irgendwie machbar ist. Vielleicht muss ich auch versuchen, das mit dem Oberarzt auszuhandeln, weil der voll und ganz hinter der Entscheidung steht, erstmal das Studium fertig zu bekommen. Er glaubt nämlich, dass es danach von selbst signifikant besser wird. Das glaube ich nun nicht, aber das ist ja auch egal – wir sind uns zumindest einig, dass ich keine Pause mehr machen sollte. (Dann sollte ich aber diesmal nicht wieder eine Zeit erwischen, in der er wenn es um die Entlassung geht, gerade im Urlaub ist…)
Das geht aber auch nicht, wenn ich mich nach dem Examen erstmal um meine Zähne kümmern muss, weil es da irgend so eine Regelung gibt, dass man während eines stationären Aufenthalts keine externen Ärzte besuchen darf. Zumindest glaube ich, dass es die gibt.
Also könnte das – selbst wenn ich das mit denen verhandeln könnte – die ganze Sache dann doch vereiteln. Im Moment hoffe ich echt, dass wir das irgendwie hin bekommen (auch wenn ich weiß, dass es eher Wunschdenken ist), weil ich sonst wirklich nicht weiß, wie das weiter gehen soll. Ich hoffe einfach, dass ich dort nochmal die Tage vom Sommer wieder finden kann und dann vielleicht mal noch mit ein paar „Gegenüberzeugungen“, die wahrscheinlich auch nur in Ansätzen da sein können, ins PJ starten kann.

Vielleicht sehe ich auch echt gerade den Wald vor lauter Bäumen nicht und das ist alles gar kein so großes Problem, aber ich weiß es nicht.

Das sind so Dinge, die kann man echt keinem erzählen. Hier auf dem Blog, der in der Anonymität des Internets untergeht, ist das etwas anderes. Ich glaube mein Blog ist ein Raum, an dem ich wirklich schonungslos ehrlich sein kann, weil keiner weiß, wer dahinter steckt. Keiner mich erkennen würde, wenn wir uns auf der Straße begegnen würden. Und das macht dieses Projekt für mich selbst glaube ich so wertvoll. Aber im „echten Leben“ rede ich über so etwas nicht, was jegliche Konversation aber irgendwie gerade versumpfen lässt, weil ich eben wirklich nicht dabei bin und keinen Kopf dafür habe.

Ich bin so durch mit allem im Moment, dass ich wirklich einfach nur meine Ruhe haben möchte. Aber wahrscheinlich ist das auch ein Teufelskreis, oder?

Alles Liebe und einen guten Start ins Wochenende!
Mondkind

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