Tag 65/66 von 116 Auge III und IV

Ruhe kommt hier gerade nicht so richtig rein.
Der Tag gestern war schwierig. Der Blogpost war für mich selbst glaube ich einer der hilfreichsten seit langer Zeit. Ich weiß, was ich tun muss. Es gilt, die Hoffnung von der Ambulanz zu entkoppeln und im Prinzip ist der Gedanke so neu nicht. Ich habe schon vor Monaten angemerkt, dass es relativ sinnfrei ist, sich irgendwie von Termin zu Termin zu hangeln, sodass mir die Ambulanz quasi gerade das Überleben sichert. Ich habe halt nur nicht so viel darüber nachgedacht und meine Therapeutin hat das ziemlich übergangen, obwohl ich es angesprochen habe. Schon zu dem Zeitpunkt hätten wir uns ja Gedanken machen können, wie ich irgendwo ein Licht am Ende des Tunnels finde. Denn nur einfach den Blick nicht in die Ferne zu richten, beseitigt leider das Problem nicht.
Was mir nur wirklich richtig Angst macht – und ich habe immer gehofft das nach dem Examen lösen zu können – ist die Zeit nach dem Examen. Wenn meine „Schonfrist“ aufgehoben ist. Wenn die Erwartungen des Außen erfüllt sind, vor mir der 13. Sommer in dem Zustand liegt – und natürlich kann immer alles anders werden, aber die Wahrscheinlichkeit ist nicht sonderlich hoch.
Ich habe mich halt – und vielleicht liegt hier ein Fehler begründet – darauf verlassen, das Problem nach dem Examen mit Hilfe der Ambulanz lösen zu können und dem dadurch jetzt nicht so viel Aufmerksamkeit schenken zu müssen. (Zwischendurch war ja sogar nochmal die Rede von ein paar Tagen Klinik im Fall der Fälle, aber wie ich dazu stehe, hätte ich ohnehin noch nicht genau gewusst).
Das wird jetzt auf jeden Fall nicht klappen und ich gebe zu, sehr viel Angst vor diesem Loch zu haben. Meine Therapeutin hat erklärt, dass es halt gerechtfertigt war in der schwierigen Zeit die Termine ein wenig enger zu legen. Also jedenfalls, bis zur letzten Stunde. Und ich verfluche mich immer noch, mir das angetan zu haben. Vielleicht bin ich ja wirklich alleine mit dieser Auffassung und auch diesem Erleben – denn nach dem Physikum war es genauso – aber die wirklich schwierige Zeit kommt für mich halt erst nach dem Examen. (Und vielleicht wäre in jener Woche der richtige Zeitpunkt zum Ansprechen gewesen…) Den Schreibtisch habe ich mein halbes Leben lang gehütet. Klar ist da jetzt ein bisschen mehr Druck, mit den Lerntagen durch zu kommen. Aber – wie man vielleicht merkt – Stress macht mir derzeit nicht das Examen, sondern das Danach. Und es würde mir wesentlich mehr helfen, wenn ich mir sicher sein könnte, dass danach ein ganz arges Fallen zumindest bemerkt wird.
Aber vielleicht – man merkt, ich habe viel gedacht – wäre diese Sicherheit auch schon wieder ein Zeichen von zu viel Abhängigkeit. Wobei ich mich gerade auch frage, wo die Grenze zu ziehen ist. Denn wenn ich mir sicher wäre, dass danach alles gut läuft, bräuchte ich ja die Ambulanz nicht.
Naja… - jedenfalls ist klar: Mondkind ist nach dem Examen auf sich selbst gestellt. Einen Termin zwischen Examen und PJ hat die Therapeutin gesagt… und wenn ich die Wahl haben sollte, werde ich den recht weit nach hinten legen.
Ich habe aber in der Ambulanz ohnehin seit längerem das Gefühl nicht mehr richtig ehrlich sein zu können. Jedes Mal, wenn ich ein bisschen „vorteste“ – auch mit anderen Themen, die mich gerade umtreiben – stoße ich da auf Widerstand. Ich glaube in vielen Dingen verstehen wir uns gerade nicht richtig und ich weiß nicht, ob es daran liegt, dass wir langsam an den Knackpunkt des Problems und meine damit verbundenen Einstellungen kommen oder daran, dass ich einfach viel zu negativ bin und sie sich das nicht antun will.

Aber ich glaube mit diesem Blogpost von gestern hat die Entkoppelung schon irgendwie angefangen. Ich habe gestern fast nur Haushalt gemacht, um irgendwie beschäftigt zu sein. Denn im Prinzip – auch wenn die Verknüpfung Hoffnung und Ambulanz schon seit Monaten nicht mehr richtig war -  schmeißt mich diese Erkenntnis jetzt trotzdem erstmal in den leeren Raum.
Wo hält man sich fest, wenn man sich selbst nicht halten kann? Wenn da eine Zukunft ist, die nur nebelig und grau ist? Die nur aus Zwang und Pflicht besteht und nur deshalb funktioniert, weil ich weiß, dass die Erwartungen zu erfüllen sind.

Obwohl sie eigentlich erst für nächste Woche geplant war, ist gestern schon die Mail bezüglich des PJs gekommen. Bisher habe ich nur einer Freundin davon berichtet, alle anderen wissen noch nichts. Ich möchte mir selbst erst mal in Ruhe Gedanken darüber machen. Jeder hat seine vorgefertigte Meinung, wo er mich gern hätte – insofern bringt das nichts mit den Leuten darüber zu reden.

Am Ende muss ich wohl auf mich selbst hören. Mein Kopf sagt ja, mein Bauch aber nein. Also haben wir ein Problem. Ich denke, ich werde über die nächsten Tage mal eine Liste schreiben. Wobei auch das ein Problem ist, denn es gibt viele Unbekannte. Ich weiß zum Beispiel nicht, ob der entsprechende Oberarzt an dem Krankenhaus die Liste auch hat. Hätte er sie nicht, würde das Vieles einfacher machen.

Bezüglich Doktorarbeit… - nun ja. Ich war ja bei der Grafikerin und wollte ihr eigentlich nur flott die Sachen geben, damit sie mal anfangen kann, aus meinen Zeichnungen ein Modell zu erstellen. Dann würde die Doktorarbeit quasi ohne mich trotzdem voran gehen.
Leider ist ihr eingefallen, dass sie neben den Lymphgefäßen auch noch gern die Blutgefäße eingezeichnet hätte. Das bedeutet jetzt für mich, dass ich jeden Schnitt nochmal mikroskopieren kann. Und da unserem Labor ein Scanner – Mikoskop fehlt, habe ich das ja alles nur nach Augenmaß eingezeichnet. Es ist nicht so einfach von einem Präparat, das man im Mikroskop ja auch noch falsch herum und spiegelverkehrt sieht, winzige Lymphgefäße auf ein Schema auf dem Papier zu übertragen, das den Schnitt rund 20 – fach vergrößert abbildet.
Ich finde – auch wenn ich mir wirklich Mühe gegeben habe – mit Sicherheit niemals alle Lymphgefäße in diesen Präparaten wieder. Wahrscheinlich ist es fast zeitsparender, wenn ich nochmal komplett von vorne anfange, ehe ich da stundenlang jedes einzelne Lymphgefäß suche.

Eine meiner vielen Zeichnungen...

Und den Lernplan… - den gibt es ja auch noch. Beinahe wirkt er ein wenig nebensächlich im Moment. Ich versuche es. Trotz all des Chaos versuche ich meine Gedanken soweit es geht auf die Scripte zu lenken. Allerdings will ich nicht wissen, wie die Kreuzergebnisse in HNO und Auge nächste Woche aussehen. Das war wirklich überhaupt keine gute Lernwoche und die beiden Fächer sind zudem nicht gerade einfach.
Morgen geht es los mit Neuro und ich wollte eigentlich mal wieder durchstarten. Aber meine Freundin schreibt nächste Woche Vorabi und irgendwie habe ich schon geahnt, dass dann vorher wieder der „SOS – Ruf“ kommt, zumal sie den letzten Termin, bei dem ich ihr noch ein wenig auf die Sprünge helfen wollte, abgesagt hat.
Naja… - da fahre ich jetzt morgen auch noch hin. Vielleicht ist es ja ein bisschen Abwechslung. Ich hoffe nur, ich habe irgendwie einen Kopf für die Biologie.
Und ich hoffe man sieht mir nicht an, wie fertig ich gerade bin… - wir wollen mal nicht darüber reden, wie viel ich in den letzten Tagen gegessen und geschlafen habe.

Gyn kreuzen lief übrigens relativ gut die letzten Tage. Um das Fach muss ich mir glaube ich nicht so viele Sorgen machen. Und ich bin über meinen Schatten gesprungen und habe mich mal wieder an ein paar Ortho – Fragen und AINS – Fragen versucht. Es hat sogar erstaunlich gut geklappt. Also wer weiß… - vielleicht ist das hier alles doch kein so unmögliches Unterfangen, wie es mir manchmal zu sein scheint.

Mondkind

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