Tag 57 / 116 Gyn I



„Ach Hallo Frau Mondkind“, werde ich begrüßt als ich den Raum mit den Leistungsnachweisen unter dem Arm betrete.
Nachdem ich in meiner ersten Klinikwoche täglich teilweise mehrfach mit ihm telefoniert hatte, sehe ich jetzt zum ersten Mal im Leben unseren Studienkoordinator live in Person.
In meiner Naivität habe ich damals angenommen, dass ich mich ja eigentlich in einer recht glücklichen Position befinde. Ich hatte ein paar Praktika vorgezogen – Sinn der Sache war eigentlich gewesen, mehr Zeit zum Lernen für das Examen zu haben. Meine Idee war es gewesen, den kompletten Stundenplan über den Haufen zu schmeißen, munter durch die verschiedenen Schienen zu hüpfen und dadurch drei Wochen für die Klinik raus schlagen zu können. Und drei Wochen… - das war für meinen Geschmack mehr als genug. Was soll man denn 28 Tage lang im Krankenhaus abhängen?
Letzten Endes stellte sich das alles als nicht machbar heraus, obwohl der gute Herr wirklich alles versucht hat. Und aus meinen 28 Tagen wurden dann ja auch 82 Tage (Hätte mir das am Anfang jemand gesagt, dass ich die Zahlen da mal besser tausche… )

„Was macht die Vorbereitung?“, fragt er.
„Och ja, ich liege soweit im Lernplan“, erkläre ich. „Ich habe nur manchmal die Sorge, dass ich schneller vergesse, als ich lerne…“
„Sie schaffen das schon“, sagt er.
„Ich hoffe doch“, gebe ich zurück. 

Mit der Wiederholung muss es definitiv ein besseres Konzept geben. Jeden Tag nehme ich mir vor: „Heute schaffst Du das wirklich mal.“
Und dann bin ich abends so müde, dass ich zwar davor sitzen kann, aber es absolut keinen Sinn hat. Dabei ist das so wichtig. Ich bin mir nicht so sicher, ob die paar Tage am Ende dafür ausreichen…
Allerdings stelle ich im Moment fest, dass man einige Dinge tatsächlich so nebenbei wiederholt. In Mikrobiologie werden beispielsweise die ganzen Infektionskrankheiten nochmal kommen und Pharma wiederholt man ja ohnehin am laufenden Band, wenn man die Therapien lernt und Pädiatrie – das mache ich vielleicht relativ am Ende – ist im Prinzip nochmal ein kompletter Rundumschlag, weil da alle Krankheiten nochmal gesondert erwähnt werden. Da kommen dann auch wieder so Exoten wie Orthopädie, die sonst in anderen Scripten relativ wenig Wiederholung finden, nochmal dran.

Ansonsten macht mir die Einsamkeit hier glaube ich langsam ein wenig zu schaffen. Ich kann mich nicht beschweren – ich habe es ja so gewollt, weil alles andere mich gerade zu sehr stresst.
Ich fange dann aber immer an, die kleinen Momente sehr zu schätzen. Wie dieses winzige (und einzige Gespräch heute) mit dem Studienblockkoordinator.
Und manchmal… - wenn ich so auf meinem Fahrrad sitze, fange ich dann an Menschen zu vermissen, mit denen ich schon Ewigkeiten keinen Kontakt mehr hatte. Das ist total komisch. Und dann gehe ich im Kopf die Zeit durch, die wir gemeinsam hatten (was mit den meisten Menschen nicht lang war, weil das kaum einer mit mir und meiner Sprunghaftigkeit aushält). Und dann juckt es mir immer in den Fingern ihnen irgendetwas nettes zu schreiben, aber ich glaube manche Dinge sollte man besser lassen.

Und wo wir gerade von Fahrrad reden… - langsam merkt man, dass die Tage wieder länger werden. Im Moment ist auch schönes Wetter, da ist das sowieso immer anders – aber ich habe das Gefühl, dass ich morgens nicht mehr so lange im Dunklen vor meinem Schreibtisch sitze. 

So und jetzt mal wieder der Versuch noch ein bisschen Pharma zu wiederholen...
(Eigentlich wollte ich auch Ortho mal wiederholen... )

Mondkind

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