Psychiatrie #13 17 Tage
17 Tage.
17 Tage ist es her, seitdem meine kleine Welt zusammen gebrochen ist.
17 Tage, seit denen ich weiß, dass Du die Sonne nicht mehr siehst.
17 Tage, seit denen sich die Welt ohne Dich weiter dreht.
17 Tage, die meine eigenen Pläne des Ablebens doch sehr in Frage
gestellt haben, weil ich selbst spüren muss, wie viel Leid das ist.
17 Tage, die mich durch halb Deutschland, über die geschützte
Psychiatrie hierher auf die neue, alte Station geführt haben.
17 Tage, in denen der Kopf nicht weniger voll geworden ist, sondern
sich alles nur noch weiter eingedreht hat.
17 Tage, in denen konstruktive Gespräche selten waren. Weil es so
unglaublich tragisch ist. Weil die Menschen nicht halten und mittragen können
und wollen.
Heute hatten wir das erste Mal Schema – Gruppe. Die Gruppe scheint
schon recht weit zu sein und die Frage von meinem Therapeuten war, ob Jemand
ein Thema hat, was er bearbeiten möchte. Ehrlich gesagt ist es mir langsam egal,
wer alles zuhört und dass ich die Gruppenmitglieder kaum kenne. Ich kann nicht
mehr. Mit diesem Kopf.
Aber… - zu heißes Thema für die Gruppe, befindet Herr Therapeut. Kann
ich hundert prozentig nachvollziehen.
Und dennoch lässt allein mit ihm in einem Raum zu sein, die Fassade
fast fallen. Ich spüre schon, wie die Stimme etwas brüchig wird. Ob er das auch
hört, weiß ich nicht. „Alles gut Mondkind – gibt gerade keinen objektiv
nachvollziehbaren Grund hier zusammen zu klappen.“
Atmen. Die Sicherheit spüren, die er ausstrahlt. Muss erstmal reichen.
Ich bin diesem Menschen so unglaublich dankbar. Dass er das mit mir alles
gemacht hat. Schon vor den 17 Tagen. Und auch jetzt. Er nimmt mich als
Patientin. Obwohl wir beide wissen, dass es schwer wird. Dass der Weg zurück
ins Leben weit wird.
Wir müssen Termine machen. Ich stehe in seinem Büro. Und obwohl ich mich
echt zusammen reiße und die Tür offen steht, kann ich nicht verhindern, dass
die Tränen in meine Augen steigen. Ich hoffe so sehr auf einen baldigen Termin.
Wahrscheinlich werden wir nicht viel lösen können. Wahrscheinlich kann man
nicht mal viel sagen. Aber ich muss es alles ein Mal erzählen. Von Mensch zu
Mensch. Von Herz zu Herz.
Donnerstag, sagt er. Was mir wiederrum fast das Herz zerreißt. Das
sind immer noch drei Tage. 20 Tage nach diesem Wahnsinn wird, die Mondkind Raum
zum Reden bekommen.
Und sich sicher fragen, wie sie diese Tage überstanden hat. Mit einem
Hirn, dass sich nur dreht. Einer Fassade, die noch nie so schwer zu halten war.
Wir warten. Auf Donnerstag. Ich will nicht wissen, was bei diesem
Termin passiert. Ich hoffe, er ist mir dann nicht böse. Wenn das Herz dem Kopf
dann mal leise zuflüstert, ob es nicht okay wäre, jetzt gerade eben einfach
nicht mehr zu können.
Aber ich hoffe, es wird ein bisschen einfacher danach.
„Ich bin sehr froh, dass Sie jetzt hier sind“, sagte er heute.
„Ich auch…“, habe ich leise geflüstert.
Und sehr froh bin ich auch über mein Einzelzimmer, in dem niemand die
unzähligen Tränen wahrnimmt.
Mondkind
Kommentare
Kommentar veröffentlichen