Psychiatrie #19 Mal wieder Jobpanik
Eigentlich hätte ich heute mal anfangen wollen, Briefe an den verstorbenen
Freund zu schreiben. Ich glaube, man muss das ein bisschen sortiert angehen und
ehe alles durcheinander fliegt, werden es wohl nach den unterschiedlichen
Themen sortiert, mehrere werden. Ich habe so viel zu sagen, dass ich nicht
weiß, wo ich anfangen soll.
Praktisch hat das nicht geklappt. Weil wieder Mondkind – Katastrophen –
Panik – Hirn am Werk ist.
Die Mondkind wurde nämlich davon unterrichtet, dass es nach sechs
Wochen Ausfall auf der Arbeit nicht nur Krankengeld, sondern auch dann schon
etwas, wie Wiedereingliederung gibt. Und das passt der Mondkind natürlich gar
nicht. Weil man dann ja mit Arbeitgebern und Ärzten irgendeinen Plan aufstellen
muss, wie das gehen soll. Dann wäre die Mondkind ja noch wochenlang weiterhin
krank geschrieben, dürfte nur stundenweise arbeiten gehen, würde in der Zeit
ihre Arbeit natürlich nicht schaffen, sich wahnsinnig unbeliebt bei den
Kollegen machen und außerdem will die Mondkind natürlich den Konzern nicht mit
im Boot haben. Denn dass irgendwo noch die Diagnosen hinterlegt werden – das macht
natürlich direkt wieder Angst, doch gekündigt zu werden.
Wenn das Hirn komplett auf Panik umschaltet und die Mondkind ganz gern
den Aus – Knopf drücken würde, so es denn einen gäbe geht sie – nach einer
ganzen Nacht - dann doch zur Pflege.
Die dazu auch nicht viel sagen kann. „Wenn Sie diesen ganzen
Rattenschwanz verhindern wollen, sollten Sie das dann vielleicht in unter sechs
Wochen schaffen. Das ist auch die Frage – mit Ihrem Entlassdatum für Anfang
September – ob die beiden zusätzlichen Wochen es dann noch so sehr bringen. Und
auch wenn das hier nicht so eine populäre Meinung ist – aber ich bin auch der
Meinung, dass der Job sehr wichtig ist…“
Jetzt weiß die Mondkind also nicht, was sie machen soll. Wenn man den
ganzen Mist, der hier nach sechs Wochen los geht verhindern wollte, hätte die
Mondkind noch rund zwei Wochen in der Klinik, um dann noch ein bisschen Zeit zu
haben, wieder in der Ferne anzukommen. Wenn man bedenkt, dass die Mondkind
aktuell nicht mal weiß, ob sie wirklich leben möchte, ist das sehr wenig Zeit.
Und macht sehr viel Druck.
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Morgens um 6 Uhr im Aufenthaltsraum... Mandalas und Kaffee |
Ein Kollege (der, der überhaupt erst dafür gesorgt hat, dass die
Mondkind eine Pause bekommt), macht ein bisschen Mut. Sagt, dass es schon andere
Kollegen gegeben hat, die eine Weile gefehlt haben und dann ohne großes Theater
zurückgekommen sind. Und, dass die Mondkind sich Gedanken machen soll das
Gespräch zu suchen, wo sie denn arbeiten möchte. Obwohl die Mondkind gern dort
bleiben würde, wo sie war. Nicht schon wieder ein neues Team, neue Vorgesetzte,
neue Abläufe. Bitte nicht. Das ist doch mit das Schlimmste. Diese ständigen
Umstellungen, ständig die zwischenmenschlichen Antennen auf
Hochleistungsempfang gestellt haben zu müssen, bis man sich einigermaßen sicher
im Team fühlt.
Und die potentielle Bezugsperson… ? Macht auch ein bisschen Mut (ja,
die Mondkind schreibt bei sehr großer Verzweiflung trotz geklärter Fronten
immer noch Mails – aber das ist immerhin ein Arbeitsthema… ). Und sagt aber
auch, dass die Mondkind, wenn sie bleiben will, eine vernünftige Anlaufstation
und einen Therapeuten braucht. Weil er und der Chef das wissen werden wollen.
Das ist der Teil der Mail, über dem die Mondkind dann wieder halb zusammen
bricht. Das hat monatelang absolut keinen interessiert – die Mondkind wurde
nicht mal für psychisch dezent labil gehalten. Und jetzt soll sie dem Chef
quasi einen Plan vorlegen, wie das klappen soll? Wo Therapeutensuche doch da
unten auf dem Land ein Spießrutenlauf schlechthin ist… ? Und heißt das jetzt,
dass man sie doch raus schmeißt, wenn sie Keinen hat bis zur Entlassung?
Wie soll man so Therapie machen… ? Morgen ist Einzelstunde bei Herrn
Therapeuten. Und ich befürchte wir werden nicht über Trauer, Schuld,
Suizidalität oder überstrenge Kritiker und Forderer reden, sondern genau
darüber.
Ich kann einfach nicht mehr. Echt nicht. Wie können andere hier das
Thema Arbeit einfach mal ausschalten…? Vielleicht ist es bei denen wirklich
nicht so ultrawichtig. Existenzgrundlage ist Arbeit vermutlich immer. Aber
nicht gleichzeitig verknüpft mit der Idee von einem „zu Hause“ und einer
Bezugsperson.
Und wie immer bei solchen Dingen – ein paar aufklärende Worte oder ein
bisschen Mondkind – Beruhigung der Leserschaft ist auf allen möglichen Kanälen
immer willkommen.
Allen Lesern wünsche ich einen schönen Sonntag
Mondkind
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