Chaos



Mondkind war heute eigentlich fast nur mit Tränen in den Augen unterwegs.
Nur zum Einkaufen musste sie sich mal kurz zusammen reißen. Am liebsten hätte sie es verschoben, aber sie musste noch Waschmittel kaufen und sie hätte es sich nicht verziehen, wenn sie das heute nicht gemacht hätte und direkt zu Beginn der Lernzeit, wenn alles noch nicht eingespielt ist, einen Umweg fahren müsste.

So allmählich wächst ihr alles ein bisschen über den Kopf.
Ein „schnell formatieren“ war heute nicht. Mondkind hat ganz vergessen – oder es nicht bewusst wahrgenommen – dass sie damals im April am Ende des Tages wohl immer aufgehört hat das Kapitel zusammen zu fassen und sich stattdessen am nächsten Tag dem nächsten Kapitel zugewandt hat, damit es zumindest so ausschaut, als würde die Bilanz stimmen.
Und Zwei Lerntage fehlen komplett.
Den ganzen Tag arbeitet sie so schnell sie kann. Das wird ein langer Abend heute und morgen wird sie noch halb in der Nacht aufstehen, um den Rest fertig zu machen.
Und dann wird sie morgens fröhlich im Labor erscheinen, um die Sachen zum Drucken abzugeben.

Jetzt muss sie das eben ausbaden, was sie damals versäumt hat. Sie hätte es ja zumindest notieren können, dass es nicht fertig ist, damit sie nicht irgendwann auf ihre eigene Fassade herein fällt.
Und ohne die Dokumente kommt sie nun mal nicht weit. Lieber zwei blöde Tage und eine blöde Nacht, als keine Unterlagen.

Pj – Belegung war heute auch.
Mondkind hat sich entschieden. Gegen den Wahnsinn in ihrem Kopf und für die Ausbildung. Sie hätte sich in der Uni einrichten können. So nah an der Ambulanz, dass man innerhalb von 5 Minuten da ist und definitiv ab und an einen Termin unter bekommen wird. Allerdings hatten ihr Viele von der Uni abgeraten und von ihren Kommilitonen, die jetzt ins PJ gestartet sind, hat sie auch nicht viel Gutes gehört.
Deshalb hat sie sich ins Umland verteilt. An eines der Krankenhäuser fährt sie 40 Minuten mit der Bahn – aber ohne umzusteigen – hätte man noch Anschlüsse kriegen müssen, hätte Mondkind das nicht gemacht.

Richtig hätte sie es nicht machen können.
Es tobt in ihr. Es fragt etwas, wie sie so naiv sein konnte, sich um die Sicherheit der Ambulanz zu bringen. Aber Mondkind weiß – auch wenn es sich falsch anfühlt – es ist der richtige Schritt. Irgendwann muss sie ohnehin ihren eigenen Weg gehen und sie kann es nicht zulassen, sich so an einen Ort fesseln zu lassen – zumal es auch nie absolute Garantien gibt, dass sie dort bleiben kann.
Und wenn es überhaupt gar nicht geht – von einem peripheren Krankenhaus kommt man leichter an die Uni zurück, als von der Uni an ein peripheres Krankenhaus.

Mondkind steht mit dem Rücken zu Wand. Und obwohl sie nicht so viel Hoffnung in den Termin in der Psychosomatik morgen legen wollte, macht sie es doch – vor allem, weil es auch hier schwer sein wird, etwas zu finden. Sie braucht Hilfe, aber hat keine Zeit sie anzunehmen, weil jede Fahrt in die Ambulanz auf dem Klinikgelände sie rund einen drittel Tag kostet.

Und jetzt muss sie weiter arbeiten. So lange, bis sie fertig ist. Da führt jetzt auch kein Weg mehr dran vorbei…

Mondkind




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