Tag 5 / 116 AINS I und Gedanken zum Thema Gleichgewicht



Wow… mittlerweile schon Lerntag 5.
Die Zeit rast… so ziemlich entgegengesetzt zu meiner Kraft.
Es ist halb 10 und ich bin komplett platt…

Ich saß heute wirklich schon um kurz nach 6 am Schreibtisch und habe angefangen mit AINS
Also: Anästhesie, Intensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerzmedizin.

Ein bisschen wundere ich mich ja schon: Vieles kommt mir noch sehr bekannt vor und als ich den Stoff das erste Mal gelernt habe – das war im Sommer – hatte ich alles andere, als Zeit für die Uni. Und trotzdem scheint das Wissen ins Gehirn gerutscht zu sein.

Ich muss meine Kreuz – Strategie ändern. Ich kann das nicht abends machen, das reißt die Bilanz ins Negative. Wenn man schon so im Halbschlaf ist und Osteoporose statt Osteopetrose liest und sich dann wundert, warum alles nicht passt… - da bin ich wohl etwas zu müde.

Ich frage mich echt, was ich eines Tages denke, wenn ich mal zurück lese, wie dieser Lernmarathon angefangen hat…

Aber ich bin so unglaublich dankbar für meine Zusammenfassungen… - wenn ich die nicht hätte und mir lauter kleine Zettel zusammen schreiben müsste, dann würde ich ja gar nicht mehr fertig werden… Definitiv richtig gemacht.

Ich habe meinen Ordner mit den Dokumentationen im Labor vergessen. Das ist mir eigentlich schon in der Nacht eingefallen, aber ich habe es heute geschafft, den bewusst im Labor zu lassen. Eigentlich sollte ich etwas tun über die Weihnachtsferien, um der Grafikerin ein paar Dinge präsentieren zu können im Januar, aber ich fürchte das wird nichts.
Denn es reicht ja nicht, ihr die Sachen in die Hand zu geben und dann soll sie mal was daraus machen – ich muss ja schon erklären, was ich mir dabei gedacht habe und wahrscheinlich wird sie auch nicht zufrieden mit der Arbeit sein – obwohl sie die Abläufe im Labor nicht kennt und vieles technisch nicht anders möglich ist.
Jedenfalls – Nein. Dafür habe ich jetzt keine Zeit und wenn der Ordner nicht hier ist, kann ich auch nicht daran arbeiten.
Ich bin ja fast ein bisschen stolz auf mich.

Ich hoffe, meinem Magen geht es bald besser… Heute Abend mal was gegessen und schon wieder Theater… Fehlt noch, dass sich jetzt noch ein Ärzte – Marathon anschließt, die alle behaupten werden, ich hätte zu viel Stress. Was ja auch gerade stimmen mag, aber ich kann es nicht ändern…

Ich gehe jetzt spülen, duschen und ins Bett und dann hoffe ich mal, dass die Müdigkeit zur Abwechslung für Schlafen reicht und meine Gedanken nicht wieder auf Wanderschaft gehen…

***


Ich glaube, ich habe mittlerweile heraus gefunden, was das Problem hier ist… - neben der aktuellen Überforderung durch den Lernplan.

Und spannenderweise ist es im Prinzip genau dasselbe Problem, wie Ende September, als es zwischendurch mal ganz schwierig geworden war.



Ich glaube es war ziemlich unbeabsichtigt, dass meine Therapeutin  heute richtig hinein gegrätscht ist in die Sache – es hat mir das aber bewusst gemacht.

Das war heute irgendwie wieder eher Kaffeekränzchen. Die übliche Leier mit „Examenszeit ist ja auch immer eine schwierige Zeit.“ Ich weiß nicht, wie oft der Satz schon kam – auf jeden Fall so oft, dass ich ihn für den Rest meines Lebens mit ihr in Verbindung bringen werde.



Und manchmal geht sie einfach davon aus, dass es mir gut geht, ohne dass sie vorher gefragt hätte. Beziehungsweise… ich hatte sogar ein paar Sätze vorher gesagt, dass die letzte Woche dezent aus dem Ruder gelaufen ist und dachte wir nehmen uns ein wenig mehr Zeit das zu besprechen.

Jedenfalls… - keine fünf Sätze später meinte sie: „Naja, Sie sind ja auch gerade erst raus aus der Depression.“

Oder übersetzt: „Jetzt wo es Ihnen erst seit kurzer Zeit besser geht… (… ist das natürlich immer noch schwierig mit dem Examen, ich glaube, so ging der Satz weiter… ;)  ).



Was mich so genervt hat dabei: Die letzten 1,5 Wochen – das war nun alles andere als besser, aber wahrscheinlich ist es mir wieder nicht gelungen deutlich zu machen, was eigentlich Sache ist. Es geht dabei nicht um die Diagnose. Die ist mir relativ egal, denn letzten Endes steckt dahinter nur eine Zahl, die wiederum nur dazu dient Geld zwischen Konten hin und her zu schieben. Was mich daran stört ist, dass es die falsche Richtung wieder spiegelt.



Und dann kommen wir zum Punkt: Die Diskrepanz zwischen dem was ich von mir wahrnehme und dem was ich vermittle ist teilweise so groß, dass mir das so viel Druck macht, dass ich das wirklich nicht mehr aushalte.

Das ist halt ein bisschen so, als würde man sich permanent selbst ohrfeigen, um sich so klein wie möglich zu halten.



Im September war das so ein großes Problem, dass das dann eben genau diese Krise ausgelöst hatte. Denn mit der Zeit spitzt sich das ja immer mehr zu. Was mache ich, wenn ich eines Tages Oberärztin bin, eine Station leiten soll und sobald die Krankenhaustür hinter mir schließt und ich den Kittel ausgezogen habe, das komplette Chaos los geht?



Ich weiß gar nicht mehr, wer das gesagt hatte, aber Menschen versuchen immer in einem inneren und äußeren Gleichgewicht zu stehen. Und im Moment ist dieses Gleichgewicht so gestört, dass das - glaube ich - diesen Druck ausmacht.



Das würde zumindest auch erklären, warum ich das Gespräch bei dem Psychosomatiker als so entlastend wahrgenommen habe. Die Themen über die wir geredet haben, waren nicht so einfach, aber ich hatte das Gefühl, dass diese Diskrepanz weniger geworden ist und er mir geholfen hat, das auch mal zuzulassen.

Alles Liebe
Mondkind

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