Zwischen Wunsch und Realität



And suddenly the lights went out… again…



Und während wir im Labor auf den Strom warten, nutze ich die Zeit für den Blog.

(Unser Biologie – Student kocht gerade Wasser auf dem Nebenflur, damit wir uns einen Kaffee machen können und wir hoffen alle inständig, dass gleich nicht der Feuermelder los geht… ;) )



Mondkind kommt nicht mehr zur Ruhe.

Seit Tagen rotiert sie, findet kaum Zeit Pausen zu machen, oder in Ruhe zu essen.

Die Schlafstörungen machen ihr zu schaffen und auch wenn sie abends um 22 Uhr ins Bett geht und noch fast eine Stunde Musik hört, um ein wenig herunter zu fahren, klappt das nicht.

Ihr Hirn dreht sich unaufhörlich im Kreis – dann fällt ihr noch dieses oder jenes ein und schon steht sie wieder, kontrolliert, ob sie sich um alles gekümmert hat und legt sich wieder ins Bett.



Die Prioritätensetzung fällt ihr im Moment schwer.

In der Uni warten mündliche Prüfungen und Vorträge, die Vorbereitung der Klausur darf nicht aus dem Blick geraten und auch der Doktorarbeit muss sich gerecht werden. Obwohl sie in letzter Zeit oft ihrem Doktorvater über den Weg gelaufen ist. Das ist gut – da sieht er, dass sie arbeitet.



Und dann kümmert sie sich auch noch um ihr PJ.

Aktuell steht sie wieder mit dem Oberarzt der Neurologie im Kontakt und die beiden versuchen zu arrangieren, das Mondkind dort von Mitte September bis Ende des Jahres 2018 einen Teil ihres praktischen Jahres absolvieren kann.

Mondkind telefoniert den Leuten hinterher, schreibt Mails, setzt alle möglichen Leute, die mit involviert sind, auf copy.

Letztens hat jemand sie mal als hartnäckig bezeichnet. Vielleicht ist das keine schlechte Eigenschaft.



In den letzten Tagen wird ihr diese Lücke so sehr bewusst. Die Lücke zwischen der Realität und dem, was sie sich wünscht.

Im Prinzip hat sie keine Wahl. Sie muss sich jetzt um das PJ kümmern und da muss sie erst mal davon ausgehen, dass sie das schaffen wird.

Und dennoch weiß sie, dass sie den Wunsch hat, sich nochmal um sich selbst kümmern zu dürfen. Solange wie das nur ein Wunsch ist, ist das in Ordnung, aber wenn der ungeplant zur Realität wird, dann wird wieder Mondkinds ganze Planung über den Haufen geschmissen.

Es ist nicht verkehrt, wie ein gesunder Mensch zu denken. Sie kann die Krankheit jetzt auch nicht „einplanen“ und die Fristen bewusst verstreichen lassen. Oder eine Pause einplanen, von der sie gar nicht weiß, ob sie noch einmal die Möglichkeit dazu hat.

Es läuft beinahe automatisch ab, dass sie sich um alles kümmert und allem hinterher läuft und gleichzeitig weiß sie, dass sie sich damit selbst unglaublichen Druck macht. Sie kann nicht nochmal ihrer Gastuni sagen, dass sie die Sache verschiebt und nicht nochmal ihrem sehr geschätzten Oberarzt erklären, dass es sie es schon wieder nicht gepackt hat.

Das jetzt zu planen bedeutet gleichzeitig, es schaffen zu müssen. Es bedeutet, dass es ihr bis mindestens Ende 2018 nicht mehr so schlecht gehen darf, dass sie irgendwelche Prüfungen nicht schreiben oder dafür nicht ausreichend lernen kann und sie versiebt.



Und ab und an mag das machbar erscheinen. Gerade jetzt – in Zeiten in denen Mondkind nicht zur Ruhe kommt, kann sie zwar genervt und gestresst sein, aber sie kann nicht ganz so tief fallen.

Allerdings weiß sie auch, wie schnell sich das wieder ändern kann. Spätestens, wenn sie den Bogen überspannt hat, wenn ihr Körper vehement die Pausen einfordert und damit auch ihr Hirn wieder ein bisschen weniger eingebunden ist, kann das ganz schnell anders aussehen.



Und manchmal ist es Mondkind selbst ein wenig schleierhaft, wie es doch so schnell manchmal so furchtbar werden kann.



Aber sie versucht sich zu motivieren.

Hört den Radiosender der Region, in der die Klinik liegt und freut sich, wenn das Dorf im Staubericht erwähnt wird. Sie hat immer einen Kugelschreiber mit dem Krankenhauslogo dabei und auch das Namensschild, das sie an ihren Kittel heftet, hat sie ausgetauscht. (Auch weil die Namensschilder der Uni ziemlich lavede sind und das andere einen Magneten (man also nicht ständig die Kittel kaputt sticht) und einen stabilen Rahmen hat).



Und sie hofft, dass das ausreicht. Dass sie sich in schlechten Augenblicken immer wieder motivieren kann daran zu denken, wofür sie kämpft.

Und dann muss sie im Moment einfach auf die Worte des Oberarztes aus der Psychiatrie vertrauen. „Nach dem Studium wird alles besser“. Wenn das wirklich stimmt, dann wird Mondkind einen Job in einem wunderbaren Team haben und wenn sie dann auch noch ein wenig im Einklang mit sich und der Welt ist… - wer weiß, vielleicht wird sie dann wirklich eines Tages der Meinung sein, dass es sich gelohnt hat, all die Jahre durchzuhalten.



Alles Liebe

Mondkind

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